Auch wenn die Bodensee-Region verhältnismässig klein ist, so schafft man es nicht, sich an einem Nachmittag durch die Vielfalt der Bodensee-Weine durchzuprobieren. Und wir reden hier einzig von der deutschen Seite.
Die BodenseeWeinmesse gibt eine wunderbare Möglichkeit, ich würde sagen die besten und namenhaftesten Weingüter am deutschen Bodensee kennenzulernen.
Bodensee ist die Heimat des Müller-Thurgaus. Hier wird er wertgeschätzt und es entstehen Weine, welche sich nicht hinter Riesling und Burgunder verstecken müssen. Neben Müller-Thurgau liegt der Fokous auf den Burgundersorten.
Wir haben bei den einzelnen Weingütern gerne mit Müller-Thurgau begonnen, um die Weingüter besser beurteilen zu können. Denn im Wein spiegelt der Winzer seine Leidenschaft und seinen Stil wider und so kann ein Wein viel über das Weingut aussagen.
Unser erster Wein an dem Nachmittag hat uns gleich überzeugt, der Meersburger Lerchenberg Müller-Thurgau trocken vom Staatsweingut Meersburg (11,90 €). Eine unglaublich saftige Frucht und ein toller Frühlingswein/ Spargelwein. Im Besitzt des Staatsweingutes befinden sich die besten Lagen vom Bodensee und jede Lage und Rebsorte wird separat vinifiziert und ergibt so einen ganz eigenen Geschmack. Präsent, lebendig und individuell würde ich die Weine beschreiben. Hier kann man Boden schmecken z.B. Vulkangestein vom Olgaberg gibt eine tolle Mineralik. Oder die Großen Gewächse, wie Chorherrnhalde Riesling.
Weiter ging es zum Weingut Röhrenbach aus Immenstaad. Es handelt sich um ein klassisches kleines Familienunternehmen, welches auf eine besondere Geschichte zurückblicken kann: Albert Röhrenbach hat 1925 400 Müller-Thurgau-Pfropfreben über den See nach Hagnau geschmuggelt und in den Weinbergen von Schloss Kirchberg angepflanzt und somit den Grundstein für den Müller-Thurgau am deutschen Bodensee gesetzt. Dieser Geschichte ist der Müller-Thurgau Albert trocken (9,10 €) gewidmet, ein Müller-Thurgau, der frisch, leicht und unkompliziert daherkommt und gut auch als Aperitif herhalten kann. Die Weine würde ich als fruchtig und unkompliziert beschreiben. Perfekt für den Bodensee-Urlaub.
Secco Blanc vom Weingut Kress, Überlingen (11,40 €). 100 % Müller-Thurgau, was man schmeckt. Einfach genial. Das Weingut Kress welches sich 2001 vom Hagnauer Winzerverein getrennt hat und seit dem seine eigene Weinpassion lebt, macht unverwechselbare und einfach gute Weine. Weine, welche die typischen Aromen der einzelnen Rebsorte widerspiegeln. 2013 übernahm die Familie Kress das Spitalweingut Überlingen, eine tolle Vergrößerung des Weinguts, welches trotzdem ein Familienunternehmen geblieben ist.
Müller Thurgau trocken vom Weingut Hendriks, Nonnenhorn (9,90 €) schmeckt wie soll man es anders sagen nach Wein. Traubig, aber die Fruchtsüße gut eingebunden mit einer harmonischen leichten Säure und passender Struktur. Ein Wein mit dem man nichts falsch macht, solange die Gäste trockenen Wein mögen. Die Weine vom kleinen Weingut Hendriks sind einfach lecker und dabei auch noch recht günstig. Der Blanc de Blanc (Burgundercuvée) (10,50 €) ist ein Wein mit Holzeinsatz zu einem unschlagbaren Preis ;-). Aber auch Rosé- Freunde werden bei Rotling und Rosé-Secco fündig.
Der Müller-Thurgau vom Weingut Schmidt, Wasserburg (12,00 €) ist frisch, elegat und ein wunderbarer Begleiter für leichte Vorspeisen. Abgesehen vom Müller-Thurgau werden die Weine in Holz ausgebaut. Spannend, einzigartig, oft von den Aromen überraschend. Dabei nicht ganz günstig. Mit anderen Worten, kein Alltagswein wie die Hendriks-Weine sondern etwas für besondere Augenblicke.
Besondere Augenblicke verspricht auch ein Besuch der Weinbar Pinot von Schmidt. Auch Kurek, ein junger erfolgreicher Winzer vom Bayerischen Bodensee (Nonnenhorn) hat jetzt eine Weinbar eröffnet. Seine Weine wurden schon ausgezeichnet und sind eher straff und mit guter Säurestruktur. Alles andere als langweilig.
Wir bleiben noch kurz am Bayerischen Bodensee. Unsere Wein-Entdeckung war auf alle Fälle Seehaldenhof ehemals Hornstein am See. Schon der Blanc vom Bayerischen Bodensee (Müller-Thurgau und Weißburgunder im großen Holz) ein Erlebnis. Der Nonnenhorner Chardonnay/Weißburgunder mit Wow-Effekt. Und bei den Lagenweinen zeigte Chardonnay was der Boden allein bewirkt. Auch hier keine Alltagsweine, sondern Weine die einen überraschen und fesseln.
Zurück auf die Badische Seite und zwar auf die Schweizer Seite des Bodensees und an den Hochrhein, welcher zum Glück zur Bodensee-Weinregion dazugehört.
Der Erzinger Müller-Thurgau Réserve Wildfang Kapellenberg vom Weingut Clauß ist ein Müller-Thurgau, welcher im großen Holz ausgebaut ist und wenig an Müller-Thurgau erinnert. Er hat Schmelz und ist tiefgründig, mit 15,50 € ein recht teurer Müller-Thurgau, aber wie schon gesagt, es ist kein klassischer Müller-Thurgau, sondern ein Spitzenwein für einen besonderen Augenblick.
Auch die anderen Weine vom Weingut Clauß gehören in die gehobene Gastronomie. Weine die man sich ab und zu gönnen sollte ;-)
Weingut Lorenz und Corina Keller befindet sich im Klettgau direkt an der Schweizer Grenze und das schmeckt man. Die Weine sind durch das Wetter kühler, straffer und mit guter Säurestruktur. Unsere Empfehlung ist hier der Rosé welcher halbtrocken ausgebaut ist, durch seine Säurestruktur dennoch frisch und angenehm und nicht zu süß wirkt. Beim Böld Weißburgunder passt Honigmelone und Parmaschinken perfekt, was glaube ich viel über den Wein sagt. Auch Reserven und edelsüße Weine entstehen hier, sowie beste WeinSchokolade von Frau Keller (Konditorin) selbst hergestellt :-).
Auch Gailingen am Hochrhein gehört zum Bodensee. Staatsweingut Meersburg besitzt hier die Ritterhalde. Seit Anfang 2020 haben Lorenz Keller und Julian Moser die Einzellage „Schloss Rheinburg“ übernohmen. Der Pinot Rosé Brut (13,50 €) richtig edel und preislich top, Auxerrois „Rauschenberg“ (11,50 €) absoluter Daydrinking Wine.
Zum Abschluss haben wir uns den Quartett (48,00 €) ein Gemeinschaftsprojekt der Weingüter Clauß, Kress, Lanz und Vollmayer gegönnt. 75 % Grauburgunder und 25 % Souvignier Gris, spontan vergoren, Reifung im Barrique (1,5 Jahre) und Edelstahl, natürlich limitiert. Wer soviel Geld bereit ist zu bezahlen sollte sich mindestens eine Flasche kaufen. Verträgt 6 – 7 Jahre Lagerung, ist aber jetzt schon richtig geil ;-)
Wir haben noch ein paar Rotweine probiert, aber bald gemerkt, dass wir fertig sind. Irgendwann ist Schluss, auch mit der schönsten Weinprobe.
Es war wieder ein Erlebnis und es ist schön zu sehen (und zu schmecken) welch tolle Weine wir am Bodensee haben. Kress ist weiterhin ein Weingut das Spaß macht wenn man Rebsorten-Aromenstilistik will. Staatsweingut Meersburg ist der Alleskönner: vom frisch saftigen Frühlingswein zu Großen Gewächsen hier findet jeder seinen Wein. Lagen ist das Stichwort. Es wird immer mehr auf Lagen gesetzt und die Weine spiegeln immer mehr das Terroir wider. Und wir reden hier vom Bodensee :-) wo die Reben in den schönsten Lagen stehen. Bodensee ist eine kleine aber wirklich feine Weinregion und größer als man denkt, da der Hochrhein nicht vergessen werden sollte.
an meinen Bruder, der mich auf meiner Weinprobe begleitet hat